Fraktionsprogramm

Fraktionsprogramm

Fraktionsprogramm 

Die Fraktion der Ratsleute von Volt, UWG und Piraten geben sich folgendes politisches Programm  für die gemeinsame Ratsarbeit in der Ratsperiode 2020 bis 2025. Es ist als Leitlinie zu verstehen  und soll so allen, die an unserer Fraktion mitwirken eine Orientierung geben und Außenstehenden  die grundsätzliche Ausrichtung unserer Politik vermitteln.  

Aachen zusammenbringen 

Die Fraktion setzt sich ein für ein Aachen, das Allen ein Zuhause ist, die hier gemeinsam leben  wollen. Wir wollen Hürden abbauen, die bisher die Aachener*innen in Gruppen und Schichten  gespalten haben. Dabei sind für uns die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie,  Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte nicht verhandelbar. Wir setzen uns insbesondere für die Durchsetzung der Rechte von Minderheiten ein. Entsprechend werden wir  in keiner Weise mit Rechtsextremen in der Aachener Politik zusammenarbeiten und uns Parteien,  die einen solchen Sprachgebrauch benutzen, entschieden entgegenstellen. 

Besonderen Handlungsbedarf sehen wir bei der Aufnahme von Geflüchteten und der Integration  von Aachener*innen mit Migrationshintergrund, der Akzeptanz vielfältiger Lebensweisen, der  Teilhabe für Menschen mit geringem oder keinem Einkommen und der Verknüpfung von  Studierendenschaft und alteingesessener Stadtgesellschaft. 

Für uns ist Aachen eine europäische Stadt, verankert in der Euregio und einem solidarischen und  offenen Europa. Deshalb wollen wir gerne von europäischen Vorbildern „best practice“ lernen und  uns stärker mit den Kommunal- und Regionalparlamenten in unserer Nachbarschaft austauschen  und Grenzen mit mehrsprachigen Projekten in unter anderem Bildung und Kultur abbauen. 

Wir wollen, dass Aachen sich zum „sicheren Hafen“ erklärt, und wir stehen für eine humanitäre  Seenotrettung im Mittelmeer und an den europäischen Grenzen. So sollen alle Menschen in unserer  Stadt eine gleiche Teilhabe am sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Geschehen erhalten.  Zudem wollen wir eine Antidiskriminierungsstrategie für Aachen erarbeiten und fordern  interkulturelle Schulungen für Behörden und ein besseres Informationsangebot für Ausländer*innen und Zugezogene nach dem Vorbild des „Welcome Desk“ in Brüssel. 

Wir sehen, dass das Leben in Aachen zunehmend Menschen ausschließt, die wirtschaftlich  verdrängt werden. Um Aachen nicht zu einer Stadt nur für Reiche zu machen, streben wir einen  möglichst günstigen, leistungsfähigen ÖPNV und erschwingliche Wohnungen ähnlich den  Konzepten in Wien an. Wir wollen unsere Stadt für alle offen halten, unabhängig davon, wie sich  ihre finanzielle Situation darstellt oder welche Krisen sie möglicherweise bedrohen. Deswegen  setzen wir uns für einen würdigen Umgang mit Obdachlosen nach dem Vorbild Zürich ein. 

Umwelt und Klimaschutz in Aachen 

Die Fraktion verpflichtet sich, ihren Beitrag zur Einhaltung des 1,5°C Klimaziels zu leisten und  entsprechende Positionen zu verfolgen. Dazu wollen wir gerade in den Feldern Energieerzeugung  und Verkehr den Ausstoß von Treibhausgasen drastisch reduzieren und so Stück für Stück bis  spätestens 2040 in Aachen klimaneutral werden. Parallel dazu müssen wir die Stadt auf die bereits  stattfindenden Veränderungen vorbereiten und klimagerecht umgestalten. 

Im Energiesektor sehen wir große Potenziale durch einen massiven Ausbau von Wind- und  Solarenergie. Dafür wollen wir einerseits die Aachener*innen einladen über  Energiegenossenschaften oder dezentrale Photovoltaik direkt an der Energiewende beteiligt zu sein.  Andererseits wollen wir durch Repowering von Windenergieanlagen, durch ein Konzept für  regionale Energiespeicherung, durch die langfristige Sicherung der Fernwärme ohne Kohle und  durch eine Anpassung unserer Vorschriften zum Beispiel beim Thema Heiz-/Kühlsysteme den  Rahmen schaffen, in dem die Energiewende in Aachen umfassend gelingen kann. 

Da sich das Klima in Aachen wandelt, müssen wir Maßnahmen ergreifen, damit die Stadt weiterhin  Lebensraum für eine Vielfalt von Menschen, Tieren und Pflanzen ist. Wir wollen Platz für Grün  schaffen, Innenhof-, Fassaden- und Dachbegrünung fördern und ggf. einfordern, vorhandene  Grünflächen miteinander verbinden, die Biodiversität von Grünflächen erhalten, urbanes Gärtnern  ermöglichen, den Aachener Wald klimagerecht aufforsten und dort, wo es sicher möglich ist, den  Grünschnitt reduzieren. Dagegen wollen wir Stein- und Schottergärten verhindern und Anreize für  deren Rückbau schaffen. 

Um den Tieren in und um Aachen unnötigen Stress zu ersparen, setzen wir uns für ein Verbot von  Zirkustieren ein. Zudem wollen wir an Silvester ein Angebot abseits von herkömmlichen Böllern  schaffen, das die Umwelt weniger belastet. Darüber hinaus setzen wir uns für den Erhalt von  Biodiversität gerade bei Grünflächen ein. 

Insbesondere liegt uns das Thema Wasser am Herzen. Wir wollen die Aachener Bäche als solche  erlebbar machen und durch Trinkwasserspender einen Beitrag zur Müllvermeidung und  Aufenthaltsqualität in heißen Sommern leisten. Auf der anderen Seite muss Aachen durch ein  nachhaltiges Regenwassermanagement und die Auflösung vermeidbarer Versiegelung fit gemacht  werden für extremere Regen- und Trockenperioden. 

Verkehr 

Wir streben eine möglichst schnelle Reduktion des CO2-Ausstoßes im Verkehr an, dafür soll  Verkehr grundsätzlich als ÖPNV im Zusammenspiel mit Fuß- und Radverkehr gedacht werden. Der motorisierte Individualverkehr soll dazu eine Ergänzung im Einzelfall sein. Urbaner Verkehr ist für  uns dem Lebensrhythmus und Bedürfnissen der Aachener*innen angepasst, deswegen unterstützen  wir Tempo 30 in der Innenstadt und wollen das in ein Konzept für die ganze Stadt einbetten. Zudem muss der Verkehr absehbar ohne Verbrennungsmotoren auskommen. Dabei nimmt der städtische  Fuhrpark und der ÖPNV eine Vorreiterrolle ein, letzterer soll bis 2025 mindestens zu 60 %  elektrisch fahren und bis spätestens 2030 vollständig elektrifiziert sein. 

Um ein attraktives, zuverlässiges und komfortables ÖPNV-Angebot zu sichern, streben wir eine  deutliche Leistungssteigerung an, die das bisherige Busnetz ergänzen muss. Diese Ergänzung sehen  wir hauptsächlich in neuen Direkt-, Tangential- und Ringverbindungen. Dazu wollen wir die  Hauptachsen für den ÖPNV ausbauen und dabei auch andere Verkehrsmittel als Busse, wie eine  Straßenbahn oder Seilbahn, prüfen und ggf. in Aachen einführen. Diesen attraktiven ÖPNV wollen  wir für alle möglichst leicht benutzbar machen. Dafür muss die Preis- und Tarifstruktur über die  bisherigen Grenzen hinweg günstig und verständlich sein, digital funktionieren und Barrierefreiheit  geschaffen werden. 

Für den Radverkehr wollen wir den Radentscheid konsequent umsetzen, immer mit dem Ziel,  gerade die jeweils schwächsten Verkehrsteilnehmer*innen besonders zu schützen. In Aachen sehen  wir Bedarf für ein Sofortprogramm gegen die gefährlichsten Stellen im Radverkehr. Über die  Stadtgrenzen hinaus unterstützen wir die Anbindung Aachens an ein regionales und überregionales  Radwegenetz. 

Für die Fußgänger*innen wollen wir einladende und barrierefreie Wege bieten. Die Innenstadt soll  zur Wahrung der Aufenthaltsqualität mit einer Schleifenerschließung autoarm gestaltet werden. Die  bestehenden Parkplätze im Straßenraum sollen hier unter Anderem in Behindertenstellplätze  umgewandelt werden. 

Zudem wollen wir den Verkehr gerade über ein Konzept mit Stellplätzen, Schnellladeinfrastruktur  und Liefer- und Ladezonen ordnen und neue Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern wie  umfangreiches P+R einrichten. Für einen zukunftssicheren Lieferverkehr wollen wir  Logistikstützpunkte einrichten, von denen kleinteiliger einzelne Viertel bedient werden können.  Zudem wollen wir die Grundlage für autonomes Fahren in Aachen schaffen. 

Wohnen und Städtebau 

Wir setzen uns für einen am Gemeinwohl orientierten Ansatz beim Thema Bauen und Wohnen ein.  Dafür unterstützen wir Ansätze wie die Aachener Regelung zu Sozialwohnungen über Erbbaurecht  oder Mehrgenerationen-Wohnprojekte. Allerdings sehen wir es als notwendig an, dass die Stadt  selber Wohnungen baut, um die soziale Durchmischung sicherzustellen. Dabei muss aber der  Klimaschutz immer mit gedacht werden, weswegen wir eine Nachverdichtung in der Bebauung  einem weiteren Flächenverbrauch vorziehen und bei allen Neubauprojekten Begrünung und  Verkehrskonzepte fordern. Bei Stellplätzen wollen wir eine begründete stärkere Reduzierung der  vorgeschriebenen PKW-Stellplätze zulassen. Generell wollen wir Aachen als kompakte Stadt der  kurzen Wege weiter entwickeln. 

Für die Innenstadt wollen wir das Citymanagement als genossenschaftliches Projekt ausbauen, um  große Leerstände zentral anzumieten und dann Raum für neue Ideen zu bieten. Zudem wollen wir  die Innenstadt wieder attraktiver gestalten durch Öffentliche Toiletten, Wasserspender und Bänke an allen belebten Orten. 

Das Quartier am Büchel wollen wir mit viel Wohnen, Grün und einem Angebot an  Frequenzbringern aus Wissen, Kunst, Kultur und Start-Ups entwickeln. Dabei wollen wir das  Konzept einer mehrfach genutzten Markthalle prüfen. Die Prostitution soll in einem Laufhaus ggf.  in städtischer Hand im Sinne der Sexarbeiter*innen in der Innenstadt bleiben. 

Am Bushof wollen wir eine Aufwertung erzielen, die den Belangen von ÖPNV-Nutzer*innen, VHS, Bibliothek, den Nutzer*innen der Klangbrücke und den Anwohner*innen gerecht wird. Die  Theaterstraße wollen wir zu einer Flaniermeile umbauen. 

Damit die Stadt ihrer Aufsichtsrolle bei Zweckentfremdung und Leerstand besser nachkommen  kann, fordern wir eine konsequente Leerstandserhebung. Zudem muss Aachen jugend- und  kindgerechter planen und mehr Raum für junge Menschen anbieten. 

Stadt der Zukunft 

Wir streben eine papierlose Verwaltung an, die Anträge, Anfragen und Anliegen von Bürger*innen  transparent und nachvollziehbar bearbeitet. Dazu gehört für uns ein benutzerfreundliches  Serviceportal mit einem umfassenden Angebot, mit der Verwaltung zu interagieren, ein digitales  Bürgerbeteiligungsportal, das Streamen aller öffentlichen Sitzungen und ein (maschinen-)lesbarer  Haushalt. Dazu soll wenn möglich Open-Source-Software eingesetzt und die RegioIT der  Konkurrenz ausgesetzt werden. 

Zur Bürgerbeteiligung soll ein vielfältiges Angebot entstehen. Wir fordern die Einführung eines  Bürgerrates mit einem losdemokratischen Verfahren, wie es zum Beispiel in Ostbelgien oder Irland  erfolgreich praktiziert wird und wurde. Außerdem setzen wir uns dafür ein, einen Kinder- und  Jugendrat einzurichten, Fragestunden auch vor Ausschüssen anzubieten und partizipative Budgets  einzuführen, damit die einzelnen Bürger*innen direkt an der Politik teilhaben und etwas bewirken  können 

Bildung, Kunst, Kultur und Freizeit 

Wir setzen uns für eine erstklassige und digitale Bildung in Aachen ein. Dafür muss die Stadt die  Grundlage mit ordentlichen Schulgebäuden, Schulgärten und Bildungsmaterialien für alle Schulen  legen. Wir setzen uns für Chancengleichheit in der Bildung durch Inklusion und die Vermeidung  krasser wirtschaftlicher Ungleichheit zwischen den Schulen ein. Zudem muss Bildung ein Angebot  an alle Altersklassen sein, weswegen wir einerseits schon Kita-Ausbau und die rechtliche Situation  von Kindertagespflegepersonen voranbringen wollen und andererseits ein breites Angebot an  Erwachsenenbildung in Aachen pflegen möchten. 

Die Digitalisierung der Bildung wollen wir gemeinsam mit dem Medienzentrum weiterentwickeln  und den Medienentwicklungsplänen und offenen Bildungsressourcen Vorrang einräumen vor den  bisherigen Beschaffungspraxen für Hardware und Software an Schulen. 

Wir wollen eine stadtgesellschaftliche Debatte anregen und weiterführen, mit welchem  Kulturangebot wir alle Gruppen, Schichten und Herkünfte abdecken können. Dazu wollen wir eine  Strukturkonferenz für das Stadttheater und eine Reform der KASTE-Förderung ggf. verbunden mit  der Einführung eines unabhängigen Gremiums für die Zuteilung der Mittel. Unser Ziel ist dabei der  freien Kultur in Aachen mehr Raum zu geben und die Kulturförderung flexibler zu gestalten, damit  neue Ideen entstehen können und alte Projekte nicht für immer bestehen müssen. 

Im Sport in Aachen setzen wir uns für den Bau einer Halle für 1. Liga Volleyball ein. Grundsätzlich  wollen wir allen Aachener*innen ein breites und niederschwelliges Angebot machen, sich selbst  sportlich zu entwickeln. 

Wirtschaft und Finanzen 

Wir wollen die Situation für Start-Ups in Aachen verbessern und unseren Standortvorteil Bildung  stärken. Dafür wollen wir Aachen über ein Ausbildungs- und Anwerbungskonzept gerade für nicht  akademische Fachkräfte mit anderen Regionen in Europa vernetzen. 

Um unsere begrenzten Ressourcen zu schonen, begrüßen und unterstützen wir den Ansatz einer  Kreislaufwirtschaft. Gerade bei großen Projekten, die der Aufsicht der Stadt unterliegen, fordern  wir eine Betrachtung und Bewertung der Gesamtumweltauswirkung von der Entstehung bis zur  Entsorgung. Dabei muss das Interesse der Allgemeinheit im Zweifel den Vorzug erhalten. 

Die Finanzen der Stadt wollen wir ordnen und für dauerhafte kommunale Aufgaben weg von einer  Projektfinanzierung und hin zu einer Strukturfinanzierung kommen. Auch die Eigenbetriebe der  Stadt sollen mit deckenden Zuschüssen ausgestattet werden. Wir sind gegen eine weitere Anhebung  von Gewerbe- oder Grundsteuer in Aachen.

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