Ratsantrag: Nutzung des städtischen Biomassepotenzials für klimaverträgliche Wärmeerzeugung

Ratsantrag: Nutzung des städtischen Biomassepotenzials für klimaverträgliche Wärmeerzeugung

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

die Fraktion DIE Zukunft beantragt im Rat der Stadt Aachen folgenden Beschluss zu fassen:

Die Verwaltung soll die Biomassekarbonisierung biogener Reststoffe als Bestandteil der zukünftigen Wärmeversorgung in der Stadt Aachen prüfen. Dazu soll ein Konzept erarbeiten werden, in dem die Biomassenutzung mittels pyrolytischer Konversion evaluiert, das nutzbare Biomassepotenzial im Stadtgebiet quantifiziert und eine Nutzungsoptionen der Pyrolyseprodukte (z.B. Pyrolysegas und/oder Pyrolysekoks) aufgezeigt werden. Es sollen zudem die ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen eines solchen Unterfangens untersucht werden.

Sofern ein vertiefter Klärungsbedarf bezüglich der technischen Machbarkeit identifiziert werden kann, soll auf das Wissen der fachspezifischen Forschungsinstitute der Aachener Hochschulen zurückgegriffen werden und bei Bedarf z.B. im Rahmen eines Forschungsprojektes ein technisch-ökonomisches Konzept für die Eingliederung der biogenen Reststoffe in die nachhaltige Wärmegewinnung für die Stadt Aachen entwickelt werden.

Ausführung:

Die Stadt Aachen hat sich durch die Unterzeichnung der Circular City Declaration durch die Oberbürgermeisterin verpflichtet, die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um von einer linearen zu einer Kreislaufwirtschaft überzugehen. Die Energie- und Wärmegewinnung basiert derzeit in Aachen zu großen Teilen auf fossilen und damit nicht zirkulären Energierohstoffen. Die Transformation zu einer klimaschonenderen Kreislaufwirtschaft wird im Rahmen des Förderaufrufes ”Circular Economy – CircularCities.NRW” im Auftrag der Landesregierung gefördert und bietet die Möglichkeit für eine finanzielle Unterstützung des vorgeschlagenen Vorhabens.

Erschließung neuer Wärmequellen und -potenziale

Mit dem Ausstieg aus der Verstromung fossiler Brennstoffe wird es nicht mehr möglich sein, aus diesen thermischen Prozessen Wärme, beispielsweise für das Fernwärmenetz, auskoppeln zu können. Ob alternative Wärmequellen wie die thermische Abfallbehandlung zukünftig einen nachhaltigen Beitrag leisten können, ist derzeit fraglich, da auch dort fossile Rohstoffe mitverbrannt werden und zu einer zusätzlichen CO2-Emission führen. Eine Ergänzung der Verbrennungsanlagen mittels CO2-Abscheidung wäre möglich, jedoch würde dieser energieintensive Prozess aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass kaum oder keine Wärme mehr für die externe Wärmeversorgung zur Verfügung steht. Aus diesen Gründen gilt es sekundäre Wärmequellen und Energierohstoffe zu identifizieren sowie nachhaltige Wärmequellen zu schaffen. Die stoffliche Biomassenutzung mittels thermochemischer Konversion ist eine der Möglichkeiten zur nachhaltigen Wärmegewinnung. [ICU, 2021]

Nutzung verfügbarer lokaler biogener Reststoffe und Flexibilisierung der Nutzung

Aufgrund der städtischen Aufgaben wie der Grünpflege, Laubsammlung oder Entsorgung biogener Reststoffe gibt es abrufbares Potenzial an Biomasse, welches beispielsweise für eine stoffliche Nutzung in Frage kommt. Diese Reststoffe fallen jährlich in signifikanter Menge an und können nicht oder nur eingeschränkt für die Erzeugung von Biogas genutzt werden. Diese Biomasse steht zudem nicht in einer Flächenkonkurrenz zur Produktion von Lebensmitteln oder anderen Energierohstoffen. Holzschnitt und Mähgut fallen hauptsächlich in den Sommermonaten an, Laub meist in größerer Menge eher in den Herbst- und Wintermonaten. Für die ökonomische Bewertung der Biomassekarbonisate ist es notwendig, die Qualität der biogenen Reststoffe (z.B. hinsichtlich Kontaminanten) zu untersuchen. Durch eine Prozessierung dieser Abfälle (beispielsweise über Pelletierung und Konditionierung) lässt sich eine Flexibilisierung des Einsatzes erreichen, wie sie bei der Wärmegewinnung mit Fokus auf die Wintermonate notwendig ist. Das vorgeschlagene Prinzip ist also grundlastfähig und kann zur bedarfsgerechten Wärmeerzeugung in Aachen beitragen. Die Integration in eine Wärmegewinnung kann die ökonomische und politische Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen lokal senken. In Anbetracht des steigenden Bedarfs nachhaltiger Rohstoffe könnten erzeugte Produkte mittelfristig eine Einnahmequelle für die Stadt Aachen darstellen.

Schaffung einer nachhaltiger Kohlenstoffsenke

Die Pyrolyse von Biomasse zu Biomassekarbonisaten kann potenziell zu einer Entfernung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre führen, sofern die Karbonisation z.B. in bodenbezogenen Anwendungen genutzt wird. Die Nutzung von Biomassekarbonisaten kann in landwirtschaftlicher Anwendung zudem signifikant zur Bodenverbesserung beitragen. Dabei erfolgt die Bindung des Kohlenstoffs nicht über eine Bilanzierung, sondern über den tatsächlichen Verbleib des Kohlenstoffs in einer Senke. Weitere industrielle Anwendung von Biomassekarbonisaten finden sich in der Metallurgie, der Filtertechnik oder im Baubereich. [Quicker et al., 2017]

Quellennachweis

[ICU, 2021] ICU, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt Berlin, Umsetzung einer klimaverträglichen Biomasseverwertung (Laub und Mähgut) in Berlin, 2021.

[Quicker et al. 2017] Quicker, P.; Weber, K.; Biokohle: Herstellung, Eigenschaften und Verwendung von Biomassekarbonisaten, 2017.

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