Mobilitätskonferenz Aachen Clever Mobil
Andreas Kuntze von der UWG-Aachen war am 20.09.2023 bei der 3. CEO-Konferenz im Rahmen des Programms Betriebliches Mobilitätsmanagement Aachen clever mobil. Hier folgt sein persönlicher Bericht von der Veranstaltung:
„Es waren spannende Gespräche. Was ich davon insbesondere mitgenommen habe:
- Im nicht produzierenden Gewerbe macht die Mobilität oftmals ca 80% der CO2 Emissionen aus. Das ist für viele der teilnehmenden Betriebe die Hauptmotivation daran etwas ändern zu wollen. Viele Betriebe haben aber auch konkrete Probleme mit Staus und Parkplatzmangel, die sie lösen oder zumindest abmildern wollen. Gerade die Sperrung der A544 sorgt für viel Solidarität. Man will denjenigen Straßenverkehr entlasten für den es keine Alternativen gibt, in dem man für die anderen Alternativen schafft, stärkt oder gezielt fördert. Hier scheint plötzlich vieles möglich. Auch die Schaffung neuer Busspuren wahrscheinlich zum ersten mal in nennnenswertem Unfang seit 15 Jahren.
- Das Deutschlandticket als Jobticket ist sehr beliebt und das Ende der Fahnenstange bei den Verkaufszahlen ist noch lange nicht erreicht, viele fangen erst an. Das Deutschland-Jobticket ist auch für viele Unternehmen interessant, für die das solidarische Jobticket des AVVs nicht infrage kommt. Auch manche Unternehmen, die vorher die Kosten des AVV-Jobtickets teilweise auf die tatsächlichen Nutzer umgelegt haben, sind mit dem Deutschlandticket als Jobticket zufriedener. Lagen vorher mehr als dreiviertel der Jobtickets im Schrank, weil sie keiner bezahlen wollte, hat sich mit dem Deutschlandticket die Zahl der Abnehmer verdoppelt. Der Betrieb ist sehr zufrieden, damit mehr Arbeitnehmer glücklich zu machen, die es tatsächlich nutzen, auch wenn er jetzt mehr zuschließt. Viele Betriebe entwickeln aber auch sehr kreative Modelle, z.B. gib es bei einem das Deutschlandticket günstiger bis kostenlos, wenn der Mitarbeiter mehr Tage im Büro ist, statt nur Homeoffice zu machen. Das solidarische AVV-Jobticket bleibt insbesondere für die Betriebe interessant, die allen Mitarbeitenden ein Jobticket schenken möchten. Dabei ist es trotzdem individuell möglich, zu einer kleinen Kostenbeteiligung auf das Jobticket wechseln.
- Personalmangel ist und bleibt der größte Flaschenhals im ÖPNV in der Städteregion. Es mangelt kaum an politischen Willen und auch nicht so sehr am Geld, wie man meinen könnte, aber niemand kann halt Busfahrer und Busfahrerinnen aus dem Hut zaubern. Ich würde da im wesentlichen zwei Schlüsse draus ziehen:
a) Wir müssen die Möglichkeiten ausnutzen, mit dem selben Personal mehr Menschen zu befördern, daher muss die RegioTram unbedingt kommen, aber auch andere Projekte, die die Kapazität bei gleichem Personalaufwand erhöhen, sind in Erwägung zu ziehen.
b) Was wir aber genau so in Erwägung ziehen sollte ist, ob nicht auch verstärkt andere Akteure ÖPNV-Leistungen erbringen können, als die ortsansässigen Busunternehmen. Ich hatte ein interessantes Gespräch mit einer sehr freundlichen Dame von goFLUX – Deine Mitfahr-App. Da ist die Idee, dass jeder Autofahrende Mitfahrgelegenheiten anbieten kann und für Mitfahrer mit ÖPNV-Abo eine Kostenbeteiligung aus dem ÖPNV-Top erhält. Die Idee ist bestechend. Jeden Tag fahren jede Menge PKW fast leer durch die Gegend. Wenn wir einen Teil dieses riesigen Potentials, das ohnehin da ist, nutzen könnten, hätten wir keinen Mangel an Fahrern und Fahrzeugkapazität. Bei Kosten von maximal 30 Cent pro Personenkilometern, müsste ein Bus schon gut voll sein um das zu unterbieten. Davor muss man also auch keine Angst haben, eezy AVV rechnet immerhin 25 Cent pro Personenkilometer in Luftlinie ab.
c) Letztendlich erbringen auch heute schon viele Taxis in der Region ÖPNV-Leistungen. Entweder als Ersatz im Ramen der Mobilitätsgarantie, wenn ÖPNV ausfällt, oder planmäßig bei Netliner-Buchungen zu Nebenzeiten oder Anruflinientaxis. Warum nicht gleich generalisieren, so dass sich jeder, dem bei der Verbindungssuche keine passende Verbindung angeboten werden kann, direkt ein Taxi buchen kann? Das ist natürlich nicht ganz billig, aber immer noch günstiger, als leere Linienbusse. Das einzige was billiger ist, ist gar kein ÖPNV und das ist heutzutage leider noch oft das Problem. Würde man ÖPNV als zu erfüllenden Anspruch des Fahrgastes innerhalb einer bestimmten Zeit an sein Ziel zu kommen begreifen, statt wie leider vielfach noch üblich, als Almosen-finanzierte Restmobilität für Menschen mit geringem Budget, sähe die Rechnung ganz anders aus.“