Ratsantrag: Haftvermeidung bei Schwarzfahrer*innen im Stadtgebiet der Stadt Aachen

Ratsantrag: Haftvermeidung bei Schwarzfahrer*innen im Stadtgebiet der Stadt Aachen

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
Fahren ohne gültigen Fahrschein gilt als Armutsdelikt. Grundsätzlich haben zwar alle Verurteilten
die Möglichkeit, die Geldstrafe abzuarbeiten, wenn sie sie nicht bezahlen können. Dafür haben
die Bundesländer sogenannte „Haftvermeidungsprogramme“ geschaffen, die dabei helfen sollen,
dass Menschen nicht wegen Bagatellstrafen ins Gefängnis müssen.
Doch oftmals, so führt der Kriminologische Dienst aus Nordrhein-Westfalen in einer Analyse aus,
seien gerade die Menschen, die aufgrund von Fahren ohne Fahrschein verurteilt würden, bei
Haftantritt schlicht „verarmt, krank, sozial ausgeschlossen und im strafrechtlichen Sinn nicht
gefährlich“ – viele von ihnen also nicht ohne weiteres zum Arbeiten in der Lage. Zudem fehlen
mancherorts schlicht die Plätze, damit Verurteilte ihre Strafe abarbeiten können.
Schon zu Beginn der Legislaturperiode kündigte die Ampel-Koalition die Überarbeitung des
umstrittenen Paragrafen an. Aus dem Bundesjustizministerium heißt es, der Paragraf 265 werde
derzeit geprüft. Zur Debatte steht etwa, ob das Fahren ohne gültigen Fahrschein zu einer
Ordnungswidrigkeit herab gestuft werden kann. Dann wären Menschen zum Beispiel nicht mehr
vorbestraft, zudem würden Strafzahlungen wesentlich geringer ausfallen. Allerdings: Wer im Fall
einer Ordnungswidrigkeit sein Bußgeld nicht zahlt, muss ebenfalls in Haft – und ersetzt in diesem
Fall sein Bußgeld nicht dadurch. [Q1]
Aber: Niemand sollte mehr ins Gefängnis, weil er die Geldstrafe nach einem Bagatelldelikt nicht
zahlen kann.
Ratsantrag: Die ASEAG soll zukünftig auf eine Strafanzeige/Strafantrag bei Schwarzfahrern
verzichten. Das „erhöhte Beförderungsentgelt“ soll beim Schwarzfahren weiterhin fällig werden,
das anfallende Bußgeld soll mit zivilrechtlichen Mitteln eingetrieben werden.

Begründung:
Dieser Antrag hat mehrere Ziele:
a) Die ASEAG soll auf eine Strafanzeige/Strafantrag verzichten
b) Gerichte sollen entlastet werden
c) Die gesellschaftlichen Kosten sollen reduziert werden

Der Schaden für die Gesellschaft ist durch die Kosten der Ersatzhaft schon bei einem Hafttag
(derzeit ca. 150 € Kosten je Tag) mehr als doppelt so hoch wie das derzeitige „erhöhte
Beförderungsentgelt“ von 60 €.
In Städten wie z.B. Köln, Düsseldorf und Wiesbaden wird auf einen Strafantrag bei der
„Beförderungserschleichung“ bereits verzichtet. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren allein in
Wiesbaden mehr als 1.500 „Beförderungserschleichungen“ registriert und bearbeitet worden.[Q2]

[Q1]: https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/armutsdelikte-geldstrafen-haft-101.html [Q2.1]: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/schwarzfahren-in-wiesbaden-keine-haftstrafen-
mehr-19295285.html

[Q2.2]: https://www.express.de/koeln/koeln-neue-schwarzfahr-regelung-bei-der-kvb-3-698605

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