Ratsantrag: Klimaverträgliche Kläranlage durch Klärgasaufbereitung

Ratsantrag: Klimaverträgliche Kläranlage durch Klärgasaufbereitung

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, 

die Fraktion DIE Zukunft beantragt, im Rat der Stadt Aachen folgenden Beschluss zu fassen: 

Die Verwaltung soll gemeinsam mit dem WVER und weiteren relevanten Partnern eine Umrüstung der Kläranlagen im Stadtgebiet für die Klärgasaufbereitung zur Methanabscheidung untersuchen und ein Konzept erstellen, um die entstehenden Faulgase der Anlagen zur Gewinnung von Methan und Kohlenstoffdioxid aufzubereiten. Dazu sollen zunächst geeignete Standorte identifiziert und anschließend geprüft werden, welche ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen an diesen vorliegen. Sofern erforderlich, sollen Best-Practice Beispiele herangezogen werden. Es soll zudem die Flexibilisierung der Gasaufbereitung einbezogen werden, die die externe Energieversorgung der Kläranlage bei vorteilhaften Marktbedingungen des Strompreises berücksichtigt. Sofern weitere Standorte identifiziert werden können, an denen signifikante Mengen an Faulgas entstehen, sollen diese ebenfalls in die Untersuchung einbezogen werden. 

Ausführung: 

Die Stadt Aachen hat sich durch die Unterzeichnung der Circular City Declaration durch die Ober-bürgermeisterin verpflichtet, die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um von einer linearen zu einer Kreislaufwirtschaft überzugehen. Die Energie- und Wärmegewinnung basiert derzeit in Aachen zu großen Teilen auf fossilen und damit nicht zirkulären Energierohstoffen. Die Nutzung des Biomassepotenzials aus Faul- und Klärgas kann zu einer nachhaltigen und klimaverträglichen Versorgung mit (Energie-)Rohstoffen beitragen. 

Die wichtigsten Gründe für die Nutzung von Faulgas sind: 

  1. Nutzung kohlenstoffhaltiger Energieträger mit hohem biogenem Anteil 

Klärgas aus der Abwasserbehandlung besteht zu großen Teilen aus Methan (CH4) und Kohlen-stoffdioxid (CO2) biogenen Ursprungs [Reijonen]. Dieses wird bisher meist auf den Standorten der Kläranlagen energetisch verwertet, um den Energiebedarf der Abwasserbehandlungsanlagen 

zu decken. Mit dem Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe wird es zukünftig notwendig, kohlenstoffhaltige Brennstoffe aus sekundären Quellen zu gewinnen, um diese in thermischen Prozessen zu nutzen. CH4 aus Klärgas kann mit etablierten technischen Verfahren (z.B. kryogene Fraktionierung oder Membrantrennung) abgetrennt und in das Erdgasnetz eingespeist werden. Dies ermöglicht eine Speicherung des Energierohstoffes mit konventionellen Technolo-gien und vorhandenen Kapazitäten. [Bezirksregierung Düsseldorf] 

2. Abscheidung von Kohlenstoffdioxid als Rohstoff 

CO2 kann bei ausreichend hoher Reinheit als Rohstoff eingesetzt werden. Dazu zählen die Anwendung in der Lebensmittelindustrie, in Gewächshäusern, als Kühlmittel oder die Synthese von Grundchemikalien. Derzeit wird CO2 für diese Zwecke aus Erdgas und damit aus einem fossilen Rohstoff gewonnen. Dies ließe sich durch eine Abtrennung aus einer CO2-Punktquelle substituie-ren [Cogbill & Marsh]. 

3. Best Practice Beispiele 

Bereits an anderen Standorten gibt es Anlagen für die Klärgasaufbereitung zur Gewinnung von CH4 und CO2 aus Klärwerken. Beispielhaft zu nennen sind der Standort Hamburg (Hamburg Wasser) [HZI] oder der Verbundstandort Krefeld (EGK). 

4. Flexibilisierung und Methanspeicherung 

Die Flexibilisierung kann maßgeblich für eine klimaverträgliche Nutzung des Faulgases sein. Um den Energiebedarf einer Gasaufbereitung zu decken, sollte möglichst nur Energie aus emissionsarmen Quellen genutzt werden. Dies ist meist in sonnen- und windreichen Monaten bei ausreichend hohen Mengen Strom aus regenerativen Quellen der Fall. Durch marktbedingte Kursschwankungen des Strompreises können sich dann wirtschaftlich besonders vorteilhafte Bedingungen für eine Gasaufbereitung ergeben, um einen kohlenstoffhaltigen Energieträger zu gewinnen (äquivalent zur Wasserstoffgewinnung oder Methanabscheidung aus Biogas der Biomassevergärung). Die Speicherung von abgeschiedenem Methan kann dann dazu genutzt werden, um die Gasreserven in warmen Monaten aufzufüllen und diese zum Beispiel in kalten Heizperioden oder für die industrielle Produktion bei hohen Marktpreisen abzurufen. Dadurch kann aller Voraussicht nach die Wirtschaftlichkeit einer Faulgasaufbereitung erhöht und die Abhängigkeit von Erdgas reduziert werden. 

Quellennachweis 

[Cogbill & Marsh] Cogbill, M. J.; Marsh G.P., The separation and disposal of carbon dioxide from power station flue gases, Energy Conversion and Management (33), 5–8, 1992. 

[HZI] Hitachi Zosen Inova: Faulgas aus der Abwasserbehandlung für Hamburgs Energieversorgung, Pressemitteilung 2021. 

[Reijonen] Reijonen, V. E.; Separating and recovering marsh gas. United States: N. p., 1980. 

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